Der Marktwert wird in § 194 BauGB definiert:
„Der Verkehrswert (Marktwert) wird durch den Preis bestimmt, der in dem Zeitpunkt, auf den sich die Ermittlung bezieht, im gewöhnlichen Geschäftsverkehr nach den rechtlichen Gegebenheiten und tatsächlichen Eigenschaften, der sonstigen Beschaffenheit und der Lage des Grundstücks oder des sonstigen Gegenstands der Wertermittlung ohne Rücksicht auf ungewöhnliche oder persönliche Verhältnisse zu erzielen wäre.“
Abb.: Ableitung des Marktwerts nach ImmoWertV
Der Verkehrswert (im Folgenden: Marktwert) ist somit ein frei von subjektiven, allein an den objektiven Merkmalen eines Grundstücks orientierter Wert. Folgende normative Vorgaben zur Ermittlung des Marktwertes sind gegeben:
- Der Marktwert soll dem Preis entsprechen (unter Berücksichtigung der in § 194 BauGB aufgeführten Umstände), der bei einem fiktiven Kauf zustande kommt.
- Der Verkehrswert bestimmt sich auf der Grundlage aller tatsächlichen und rechtlichen Eigenschaften eines Grundstücks (z.B. Lage und Zustand, Angebot und Nachfrage, Kaufkraft etc.), die innerhalb eines bestimmten Grundstücksteilmarktes wertbeeinflussend sind.
- Der Marktwert bestimmt sich nach den Maßgaben des „gewöhnlichen Geschäftsverkehrs … ohne Rücksicht auf ungewöhnliche oder persönliche Verhältnisse.“
Unter dem Begriff „gewöhnlicher Geschäftsverkehr“ versteht man den Handel auf dem freien Markt, wobei weder Käufer noch Verkäufer unter Zeitdruck, Zwang oder Not stehen und allein objektive Maßstäbe bestimmend sind (BGB III 88/65, Urteil vom 14.02.1969).Der Marktwert ist eine zeitabhängige Größe, die nur zum Wertermittlungsstichtag Gültigkeit hat (Stichtagsprinzip), da einerseits der Zustand des Grundstücks hinsichtlich der tatsächlichen und der rechtlichen Eigenschaften und andererseits die Lage auf dem Grundstücksmarkt kontinuierlichen Änderungen unterworfen sind.
Die ImmoWertV unterscheidet im Wesentlichen zwischen zwei verschiedenen Stichtagen:
1. Wertermittlungsstichtag
2. Qualitätsstichtag
Der Wertermittlungsstichtag bildet den Zeitpunkt, auf den sich die Wertermittlung bezieht, wohingegen der Qualitätsstichtag den Zeitpunkt darstellt, auf den sich der für die Wertermittlung maßgebliche Grundstückszustand definiert.
Analog definiert das europäische Sachverständigenwesen, vertreten durch das IVSC (International Valuation Standards Committee) und die TEGoVA (The European Group of Valuers Associations), im Blue Book 2003 den Marktwert wie folgt:
“Der Marktwert ist der geschätzte Betrag, zu dem eine Immobilie in einem funktionierenden Immobilienmarkt zum Bewertungsstichtag zwischen einem verkaufsbereiten Verkäufer und einem kaufbereiten Erwerber nach angemessenem Vermarktungszeitraum in einer Transaktion im gewöhnlichen Geschäftsverkehr verkauft werden könnte, wobei jede Partei mit Sachkenntnis, Umsicht und ohne Zwang handelt.“
Gleichwohl ist es allgemein notwendig zwischen „Wert“ und „Preis“ zu unterscheiden. Der Preis ist das Endergebnis einer Tauschaktion und kennzeichnet daher immer die Vorstellungen von Vertragsparteien über ein bebautes oder unbebautes Grundstück. Somit ist der Preis von individuellen, subjektiven Vorstellungen beeinflusst. Im Gegensatz dazu ist der Wertbegriff intersubjektiv, d.h. der Wert entspricht den aggregierten Preisvorstellungen einer Gruppe von Marktteilnehmern. Daher gilt auch der Wert als objektiver Preis.
„Der Preis einer Sache muss ihrem Wert nicht entsprechen“ (BGH, Urteil vom 25.10.1967, Az. VIII ZR 215/66)
Die Grundstückswertermittlung versucht, über bestimmte normierte Wertermittlungsverfahren die subjektiven Einflüsse auszuschließen und so zu einer Objektivierung des Grundstückswertes zu kommen. Die normierten Bewertungsverfahren nach der ImmoWertV werden in der oben aufgeführten Darstellung abgebildet. Aber… „Viele Wege führen nach Rom“. Neben den normierten Wertermittlungsverfahren nach der ImmoWertV gibt es weitere Verfahren, aus denen der Marktwert abgeleitet werden kann, die überwiegend aus dem angelsächsischen Raum stammen. Praxisrelevant sind hierbei das Residualverfahren (auch „Bauträgermethode“ genannt), die Discounted Cash-Flow-Methode (DCF - Barwertmethode), die Investment Method (angelsächsisches Ertragswertverfahren) und das Liquidationsverfahren.
Quellenangaben:
Baugesetzbuch – BauGB
Immobilienwertermittlungsverordnung - ImmoWertV
Kleiber - Wertermittlungsrichtlinien - WertR '06
Kleiber/Simon 2007 - Verkehrswertermittlung von Grundstücken
Kleiber – Verkehrswertermittlung nach der ImmoWertV
Prof. Dr. Matthias Weppler in: Studienbrief: Marktwertermittlung, Stand: März 2009, Verband deutscher Pfandbriefbanken e.V. (vdp)
TEGoVA - Blue Book 2003